Fast alles was Alain Ducasse anfasst wird zu Gold. Das wusste auch das Management des legendären The Dorchester als man dem Monegassen vor zehn Jahren das Vertrauen schenkte und ihn mit der Konzeptionierung eines Gourmetrestaurants beauftragte. 2007 war dann die mit Spannung erwartete Eröffnung des luxuriösen Restaurants welches auf den nüchternen Namen Alain Ducasse at The Dorchester getauft wurde. Michelin zückte schon nach wenigen Monaten zwei Sterne; ein Jahr später folgte der dritte Macaron. Damit besass Ducasse drei Restaurants mit der Höchstwertung. Neben dem jüngsten Spross in London, wurden damals auch das Le Meurice in Paris und das Le Louis XV in Monaco mit 3 Sternen geadelt.
Obwohl uns der letzte Besuch bei Ducasse, damals in Monaco, nicht restlos begeisterte und uns “nur” das hervorragende Pot au feu, die geniale Blut-Sauce und das imposante Interieur in Erinnerung blieben, wollten wir das edle Lokal im The Dorchester unbedingt besuchen, um nochmals in diejenige Welt einzutauchen, die viele Gourmets zu den Besten kulinarischen Erlebnissen zählen. Wir haben einen Tisch für den Lunch reserviert. Bei Ducasse muss man am Mittagstisch keine Abstriche machen, denn es wird die gleiche Auswahl angeboten wie am Abend. Wir betreten das elegante Lokal kurz nach zwölf Uhr. Der Speisesaal ist zwar weitaus weniger opulent als derjenige in Monaco (was auch nur schwer nachzuahmen ist) aber dennoch äusserst luxuriös. Für die Einrichtung wurden hochwertige Materialien verwendet und auf jedem der cirka 25 weiss gedeckten Tische steht ein handgemachtes Gemüse aus Keramik. Das auffallendste Objekt im gemütlichen Speiseraum ist der leuchtende Vorhang der aus 4’500 Lichtwellenleitern besteht. Dahinter steht der wohl schönste Séparée-Tisch mit dem wohlklingenden Namen “Table Lumière”. Anders als in gängigen Privat-dining-Einrichtungen sitzt man hier nicht in einem abgeschotteten Raum, sondern inmitten des Geschehens, ohne dass man dabei beobachtet werden könnte.
Bei unserem Besuch hatte Jocelyn Herland den Küchenchefposten inne. Der Franzose war seit der Eröffnung der Kopf der Brigade. Im letzten Dezember, drei Monate nach unserem Besuch, wurde bekannt, dass ihn Ducasse zurück nach Paris beordert um dort den Chefposten im Le Meurice zu übernehmen. Im Gegenzug schickte Ducasse Jean-Philippe Blondet in seine Dependance nach London. Der Küchenstil soll beibehalten werden.
Der Service besteht ausschliesslich aus Franzosen und ist von Beginn weg grossartig. Das versierte Team trägt viel zum wundervollen Ambiente bei und ist aufmerksam, freundlich und äusserst professionell. Uns wird als erstes die Speisekarte gereicht. Darin finden wir verschiedene Menüs. Wir entscheiden uns für das “Seasonal Menu” für 180 £. Anders als im vorhin erwähnten Le Louis XV in Monaco, wird hier auch eine Weinbegleitung angeboten. Eigentlich sind es gar deren Drei. Wir entscheiden uns für die preislich mittlere Optionen und wähnen uns beim engagierten und spürlich begeisterten Sommelier in den richtigen Händen.
Zum Champagner (Sélection Alain Ducasse) erhalten wir ofenfrische Gougères auf den Tisch. Das runde Gebäck mit dem angenehmen Parmesan Aroma passt wunderbar zum prickelnden Champagner. Gut sind auch die Barbajuans, knusprige Teigtaschen gefüllt mit Spinat, Mangold, Kräuter und Ricotta. Eine Spezialität aus Monaco die uns geschmacklich nicht euphorisiert, aber seinen Zweck als Apérogebäck erfüllt.
Im Le Louis XV würde jetzt zuerst der Butterwagen und anschliessend der Brotwagen vorfahren. Hier in London geht es weniger opulent zur Sache. Beim Brot werden vier verschiedene Weissbrote angeboten. Diese sind allesamt gut, bringen uns aber nicht in Gefahr zu viel davon zu essen.
Überraschenderweise wird kein Amuse Bouche serviert. Stattdessen startet man direkt ins Menü:
Hand-dived Scallop – lettuce cream and caviar [8/10]
Den Auftakt macht die handgefangene Jakobsmuschel. Ein wahres Prachtexemplar von beeindruckender Grösse. Die Muschel ist scharf angebraten und im Innern roh. Der Geschmack ist fantastisch und eindeutig einer der besten Jakobsmuscheln die uns je serviert wurden. Das Püree vom frischen Salat ist mutig abgeschmeckt und harmoniert vorzüglich mit der nussig schmeckenden Muschel. Die kleine Kaviar-Nocke erfüllt indessen eher dekorative Zwecke.
Seared duck foie gras – wild mushrooms and lapsang souchong [8/10]
Weiter geht es mit einer sautierten Entenleber, begleitet von verschiedenen Pilzen und frischem Estragon. Am Tisch wird ein warmer Jus aufgegossen wodurch sich ein betörender Duft von Pilzen am ganzen Tisch verbreitet – himmlisch! Die Leber ist wunderbar nussig und schmilzt am Gaumen. Die Kombination von der Leber mit den Pilzen und dem Estragon gefällt uns enorm. Schön auch, dass diese Interpretation sehr leicht und ausgewogen schmeckt.
Scottish Langoustines – squid ink ravioli, spicy consommé [6/10]
Danach folgt eines der schärfsten Gerichte die uns in der 3-Sterne-Gastronomie je serviert wurde. Es handelt sich um eine ausgesprochen würzige Consommé. Die Schärfe stammt vom grosszügig eingesetzten Ingwer. Die kleinen Kaisergranate aus Schottland sind sehr frisch und fein im Aroma. Das Highlight sind aber die mit Sepiatinte gefärbten Ravioli. Deren Kaisergranat-Füllung ist exzellent.
Turbot – raw and cooked artichokes [7/10]
Als Fischgericht gibt es einen saftigen Steinbutt mit einer charaktervollen Trüffelsauce. Diese ist in perfekter Balance zwischen Intensität und Eleganz und macht dem edlen Fisch dadurch seinen Platz im Mittelpunkt nie streitig. Das Zweierlei von der Artischocke verleiht dem Gericht eine leicht bittere Note. Ducasse mag diese Bitterstoffe – etwas, dass man in der Spitzengastronomie nur sehr selten antrifft.
Fillet of cross continental Beef – black olive jus [7/10]
Im Hauptgang serviert man uns ein Stück vom Hereford-Rind. Das Filet ist wie gewünscht medium-rare gebraten und wunderbar zart. Die dazu servierte Olivensauce ist fantastisch. Selbstverständlich, dass kein Tropfen dieses dunklen Elixiers zurück in die Küche geht. Wunderbar schmecken auch das Gemüse und die Kartoffeln. Ein rundum bodenständiges und sehr süffiges Gericht.
Comté Garde Exceptionelle, cru 2012
Es gibt hier zwar einen Käsewagen, darauf befindet sich aber lediglich ein Laib: einen Stilton. Uns gefällt wie dieser mächtige Käse zelebriert wird. Wir hätten gerne etwas davon probiert, doch auf unserem Menü steht ein Comté von dem ein paar Scheiben per Tellerservice den Weg zu uns finden. Der Käse ist äusserst delikat und passt hervorragend zu der herzhaften Tapenade .
Roasted Figs – gingerbread and honey [5/10]
Beim Dessert geht es thematisch um die Feige. Diese finden wir getrocknet und frischer Form auf dem Teller. Geschmacklich stehen jedoch die Lebkuchenaromen im Vordergrund, weshalb uns das Dessert zu stark nach Weihnachten schmeckt und wir die Eleganz vermissen. Zudem ist die Komposition auffallend trocken. Erst mit dem geeisten Honig im zweiten Schälchen, kommt etwas Raffinesse und Erfrischung auf. Wehmütig blicken wir an den Nachbarstisch wo gerade der Dessertklassiker “Baba au rhum” zelebriert wird.
Friandises [8/10]
Eine schöne Selektion an Friandises schliesst das Menü ab. Wir finden ausgezeichnete Macarons, wundervoller Caramel und excellente Pralinen.
Fazit: Wir genossen bei Alain Ducasse einen wundervollen Nachmittag. Das Restaurant ist glanzvoll und der Service schlicht grossartig. Der Sommelier kredenzte uns einer der besten Weinbegleitungen des letzten Jahres. Das Menü war toll, im Zentrum standen durchwegs hochwertige Produkte und elegante Gerichte. Für uns ist deshalb klar, dass wir bei der nächsten London-Reise hier wieder einen Tisch reservieren werden – auch wenn für uns das kulinarische Erlebnis nicht zur Spitze gehört.
Jocelyn Herland war bis im Dezember 2015 Küchenchef
Menü: Hier gibt es einige Optionen. Zum Beispiel 3 oder 4 Gänge Menüs die man von der à la carte-Auswahl frei auswählen kann (für 95 £, respektive 115 £). Das Tasting Menü ist 7 Gänge gross und kostet 135 £ (ein Amuse Bouche wird nicht serviert). Das Seasonal Menu wird ebenfalls in 7 Gängen serviert (ebenfalls ohne Amuse Bouche) und wird mit 180 £ verrechnet. Das vegetarische “Menu Jardin” in 6 Gängen (+ Amuse Bouche) kostet 110 £.
Zeit: Das Mittagessen dauerte 3 Stunden.
Wein: Die Weinkarte ist umfangreich. Für das Tasting Menu und das Saisonal Menu werden auch jeweils drei verschiedene Weinbegleitungen angeboten. Die Basic kostet 95 £, die Mittlere 140 £ und die Begleitung mit dem Namen “Experience” 195 £.
Unsere Weinbegleitung für 140 £ sah wie folgt aus:
Champagne
Selection Alain Ducasse
2009 Vouvray
Le Haut-Lieu
Domaine Huet
2011 Puligny-Montrachet
Les Nosroyes
Génot-Boulanger
2011 Meursault
Les Grands Charrons
M. Bouzereau
2004 Saint-Julien
Château Léoville-Barton
2000 Madeira
Malvasia
Barbeito
2009 Quarts de Chaume
Domaine des Baumard
Online: alainducasse-dorchester.com
(Besucht im September 2015
